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Meine Reise per Anhalter nach Hattingen
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Seite 1 von 1

Autor:  Passer Montanus [ Montag 7. März 2016, 23:53 ]
Betreff des Beitrags:  Meine Reise per Anhalter nach Hattingen

Hallo,
heute haben wir den 07.03.2016, und vor vielen Jahren am 07.03.1952 bin ich
aus Wildeshausen als 18 Jähriger per Anhalter nach Hattingen gefahren. In meinem braunen
Holzkoffer (ähnlich wie unten im Bild) befand sich etwas Wäsche und Arbeitszeug.
Mein Gesellenbrief (Landmaschinenmechaniker) roch noch Druckerschwärze und
meine Reisekasse betrug DM 20.00 .

In Gelsenkirchen hat der Fahrer mich aussteigen lassen, und dann bin ich mit
der Straßenbahn bis nach Hattingen gefahren. Wo ich in der Nacht bleiben konnte
wusste ich noch nicht so genau. Hatte mir aber vorsichtshalber einen Jugendherbergsausweis
zugelegt. Mit großer Anstrengung erreichte ich die Jugendherberg oben auf dem
Homberg, an Normag vorbei.

Der Herbergsvater hatte großes Einsehen mit mir und so konnte ich eine Woche
bleiben. Das Normag-Werk war mein Ziel, aber zur Zeit wurde niemand eingestellt.
So habe ich dann im Stahlhochbau (Eisenwerk Wanheim die eine Baustelle auf der
Henrichshütte hatten) einen Arbeitsplatz gefunden. Der Stundenlohn betrug DM 1.19
und die reguläre Arbeitszeit betrug 48 Stunden in der Woche. Für das erste
Paar Schuhe einer Hose und einem Sakko musste man mehr als DM 100,00
auf den Tisch legen. Somit ließ ich keine Gelegenheit aus Überstunden zu machen,
so dass ich auf 60 Arbeitstunden in der Woche kam.

Meine Reisekasse von DM 20,00 war bald aufgebraucht, aber der Richtmeister hat
mir aus seiner Geldbörse einen kleinen Vorschuss gegeben. Eine Unterkunft zu finden
erwies sich als ganz besonders schwierig. Wenn man was gefunden hatte, musste man
mindestens zu dritt in einem Zimmer schlafen. Einmal musste ich mir ein Bett
mit einem anderen teilen, sonst hätte ich auf der Straße schlafen müssen.

Während meines Aufenthaltes im Ruhrgebiet habe ich meine Frau kennengelernt
und bin 1959 nach Bremen gezogen.
Das oben genannte Datum ist für mich unvergesslich, und in jedem Jahr wenn dieser
Tag kommt werde ich daran erinnert.

Es grüßt Euch
Günther

P.S. Hoffentlich habe ich Euch damit nicht gelangweilt.

Dateianhänge:
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Autor:  countryman [ Mittwoch 9. März 2016, 09:53 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Meine Reise per Anhalter nach Hattingen

Passer Montanus hat geschrieben:
...
P.S. Hoffentlich habe ich Euch damit nicht gelangweilt.



Nee keine Sorge solche persönlichen Erinnerungen finde ich sehr wertvoll.

Autor:  Quagel [ Mittwoch 9. März 2016, 15:46 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Meine Reise per Anhalter nach Hattingen

Kann mich meinem Vorschreiber nur anschließen.

Autor:  Frank [ Mittwoch 9. März 2016, 19:41 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Meine Reise per Anhalter nach Hattingen

countryman hat geschrieben:
Passer Montanus hat geschrieben:
...
P.S. Hoffentlich habe ich Euch damit nicht gelangweilt.



Nee keine Sorge solche persönlichen Erinnerungen finde ich sehr wertvoll.


Seh ich auch so, ist schon "krass", wie das damals alles war. Könnte man sich heute nicht mehr vorstellen, wobei es leider immer noch vieles gibt, was man sich eigentlich nicht vorstellen kann, aber das ist eine andere Geschichte......

Autor:  Ursuspowerdiesel [ Donnerstag 10. März 2016, 11:44 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Meine Reise per Anhalter nach Hattingen

Vielen Dank das Du diese Erinnerung mit uns geteilt hast!!!!!

Wichtig ist das man sowas teilt und seinen Mitmenschen weitergibt!!!

Autor:  Orenstein [ Donnerstag 10. März 2016, 17:25 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Meine Reise per Anhalter nach Hattingen

Hierzu kann ich auch mit einer persönlichen Geschichte beitragen:
Als du 1952 deine Reise nach Hattingen gemacht hast, kam ich gerade in die Schule in Hattingen, die etwa 300 Meter von Normag entfernt lag. Meine Eltern haben mir später immer erzählt, dass wir Spaziergänge über die Felder "Am Beul" gemacht haben, von wo aus man das Versuchsgelände von Normag gut beobachten konnte. Ich soll immer ganz begeistert von den Traktoren gewesen sein, die durch den tiefen Schlamm und die Wasserlöcher pflügten.
Später, 1973, bekam ich dann meine erste Arbeitsstelle bei der Nachfolgefirma O&K, die dann in den 90´er Jahren an CNH (Fiat) verkauft wurde.
Wir haben Getriebe, Achsen und Hydraulik für Bagger und Rolltreppen gebaut, keine Traktoren mehr. Allerdings stammten alle Meister noch aus der Normagzeit.
O&K Hattingen landete dann 2000 bei Carraro, die dann Anfang dieses Jahres in eine neue Fabrik in Hattingen umzogen.
Ein Teil der alten Normagfabrik steht noch. Allerdings sollen alle Gebäude für die Unterbringung von Flüchtlichen genutzt werden.
So ist der Lauf der Zeit. Gut, dass wir den Kern der Firma, nämlich die Produkte, die Traktoren noch so hegen und pflegen.

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